Wackelt
er oder wackelt er nicht?
Wechsel der
Achsschenkelbolzen
Bevor der TÜV sein
Monopol für die technische Überprüfung von
Kraftfahrzeugen verlor, schien es, als wäre das Kreuzchen bei "Achsschenkelbolzen
lose/Spiel/ausgeschlagen" schon im Formular vorgedruckt gewesen.
Erst die Konkurrenz und neuere Prüfmethoden brachten hier eine
Entspannung. Heute, mit der Maschine geprüft, gibt es wesentlich
weniger Beanstandungen bei den Achsschenkelbolzen.
Die Unterschiede in der
Bewertung kommen von der Testmethode. Früher wurde die Ente mit
den Vorderrädern angehoben, der Prüfer wackelte nun am Rad
um ein Spiel festzustellen. Die Ente ist nun mal ein wackeliges
Fahrzeug. Das Rad hat einfach schon ab Werk ein gewisses Spiel. Mit
der Zeit wächst es natürlich an. Stellt der gute Mann vom TÜV
hier nun ein Spiel fest, so wird es sofort bemängelt. Schließlich
hat er ja mal gelernt, daß hier nichts wackeln darf. Bei "richtigen"
Autos mag das ja auch zutreffen, bei der Ente ist es unwesentlich.
Stehen die Vorderräder wieder auf dem Boden, dann ist ein geringfügiges
Spiel ( < 1cm an der Radaußenseite) verschwunden. Selbst wenn
das Rad entlastet mehr als 1 cm Spiel hat, beim Fahren merkt man es
nicht. Vielleicht kennt Ihr das ja: Ihr fahrt um eine Kurve und lenkt
dann wieder gerade. Bereits in der Geraden sackt die Ente noch etwas
nach unten. Das ist der Effekt eines ausgeschlagenen
Achsschenkelbolzens und vollkommen ungefährlich. Erst wenn andere
Effekte hinzukommen, z.B. :
- Ein unkontrolliertes Flattern eines
Vorderrades (anfangs meist in der Kurve auf unebener Fahrbahn
wird verursacht durch ausgeschlagene Lenkhebel in Verbindung mit
ausgeschlagenen Achsschenkelbolzen).
- Ein Versetzen des Fahrzeuges in der Kurve
(Untersteuern, das Fahrzeug driftet nach außen).
Wenn dererlei Effekte
beginnen zu stören oder gefährlich werden, dann ist es an
der Zeit den Achsschenkelbolzen zu wechseln. Um präzise zu sein
üblicherweise ist nicht der Bolzen ausgeschlagen, es ist die
obere Buchse. Ein Austausch der Achsschenkelbolzen in der Werkstatt
ist normalerweise sehr teuer und wird meist auch falsch gemacht.
Diese Anleitung soll Euch
zeigen wie es geht und für alle, die es nicht selber
reparieren können wie man es nicht machen sollte. So könnt
Ihr Eurer Werkstatt mal über die Schulter schauen, besser ist es
natürlich noch, vorher mal nachzufragen wie sie denn gedenken den
Bolzen zu wechseln.
Um den Achsschenkelbolzen zu
wechseln müssen zunächst der Kotflügel, das Rad und die
Antriebswelle demontiert werden. Der Ausbau des Lenkhebels gestaltet
sich manchmal etwas schwieriger. Die Schrauben sind oft stark
festgerostet. Sie müssen sehr vorsichtig entfernt werden. Reißt
eine dieser Schrauben ab, so kann der gesamte Achsschenkel kaputt
sein! Also vorsichtig handhaben. Bei mir hat sich die Demontage mit
einem Schlagschrauber in der niedrigsten Stufe bewährt.
Der Bolzen wird im
Achsschenkel von unten durch eine Schraubkappe gehalten. Der Rand
dieser Schraubkappe ist zur Sicherung an beiden Seiten an die abgeschrägte
Unterseite des Achsschenkels angebogen. Diese Sicherung muß mit
einem Meißel entfernt werden. Nun ist der Abschlußstopfen
herauszuschrauben. Der Schlitz im Stopfen ist jedoch nicht gerade. Die
Unterseite des Schraubenschlitzes ist halbrund. Damit gibt es beim
Einsatz eines großen Schraubendrehers Probleme. Man kann sich
das Leben jedoch leicht machen, indem man von einem alten
Achsschenkelbolzen eine Scharnierscheibe verwendet. Die Scheibe paßt
genau in den Schlitz. Als Hebel bietet sich der alte
Achsschenkelbolzen an, er paßt genau durch die Scheibe. Damit
kann man nun den Stopfen herausdrehen ohne den Schlitz zu verletzen
oder gar zu zerstören.
Nach dem Entfernen des
unteren Abschlußstopfens muß die obere Abschlußkappe
herausgetrieben werden. Die Kappe wurde bei der Montage eingetrieben
und sollte durch Körnerschläge im umgebenden Material
gesichert sein. Wurde der Achsschenkelbolzen vorher bereits
gewechselt, dann sieht das obere Ende des Achsschenkels oft wild und
vermackt aus. Es empfiehlt sich dann mit einem kleinen und scharfen
Meißel die überstehenden Metallreste zu entfernen. Die
Kappe ist dann von unten herauszutreiben. Dazu benutzt man einen
langen Dorn, ich verwende beispielsweise eine lange M 8er Schraube.
Der Deckel muß sauber herausgepreßt werden.
Grafik anklicken
für Maßzeichnungen

Bild 1 Werkzeug
MR.630-22/14
Nun ist der Weg frei um den
Achsschenkelbolzen selber herauszudrücken. Wichtig dabei ist, daß
dies nicht mit dem Hammer geschieht. Der Originalbolzen ab Werk sitzt
so fest, daß selbst eine 10 Tonnen Presse versagt. Erst ab 20
Tonnen hat man eine Chance. Versucht man nun diesen festsitzenden
Bolzen mit einem Hammer zu bewegen, so erreicht man lediglich, daß
sich das Ende des Bolzens ausweitet, der Bolzen wird kalt geschmiedet.
Damit sitzt der Bolzen noch fester als ohnehin schon. Um nun weiter zu
kommen setzt die Werkstatt an dieser Stelle üblicherweise den
Schneidbrenner ein und heizt den Achsschenkel bis zur Rotglut auf.
Damit läßt sich der Bolzen mit Gewalt dann bewegen. Durch
die große Hitze schmiedet man das Ende jedoch noch weiter
auseinander. In den Lagerbuchsen macht das nichts, sie müssen
ohnehin gewechselt werden. Was allerdings tödlich ist, die Führung
im Schwingarm wird ebenso ausgeweitet. Damit hat der neue Bolzen dann
keine Chance mehr spielfrei im Schwingarm zu sitzen. Der teure
Schwingarm ist damit zerstört.
Ein weiterer Effekt dieser
Hitzebehandlung ist die Zerstörung des Radlagers. Im Achsschenkel
sitzt das Radlager, das Fett verbrennt sofort. Was jedoch schlimmer
ist, der Plastik Dichtring verbrennt ebenfalls. Da der Auftrag nur
lautete die Achsschenkelbolzen zu wechseln, kann man mit Sicherheit
davon ausgehen, daß kein neuer Dichtring eingesetzt wird. Damit
gelangt nach der Reparatur Sand und Dreck ungebremst ins Radlager. Je
nach Kilometerleistung muß das Radlager dann nach ca. einem
halben Jahr gewechselt werden. Diese Reparatur ist preislich
vergleichbar mit dem Wechsel des Achsschenkelbolzens.
Um den Bolzen fachgerecht zu
demontieren muß er herausgedrückt werden. Von Citroën
gab es dazu das Werkzeug MR.630-22/14 (siehe Bild 1). Das Werkzeug ist
natürlich seit Jahren nicht mehr zu bekommen. Daher ließ
Eberhardt vor einigen Jahren dieses Spezialwerkzeug von einer
Werkzeugfirma anfertigen (Bild 2). Obwohl besseres Material verwendet
wurde und die Dimensionierung stärker ausgeführt wurde, überlebte
die mittlere Schraube nicht einmal einen Achsschenkelbolzen. Seither
verwende ich die äußeren Gewindestangen um den Bolzen
herauszudrücken. 
Bild 2 Werkzeug
im Einsatz
Nach der Demontage des
Bolzens müssen die Buchsen aus dem Achsschenkel herausgetrieben
werden. Dazu wird ein geeigneter Bolzen benötigt. Anschließend
ist der Achsschenkel zu reinigen. Am oberen Abschluß müssen
für den Einbau der neuen Abschlußkappe die Reste der Körnerschläge
entfernt werden. Dazu eignet sich ein Lochschneider mit 24 mm Außendurchmesser
(Bilder 3 und 4).
Bild 3
Oberes Ende des Achsschenkels mit Körnerschlägen |
Bild 4
Lochschneider 24mm |
Meist wird beim Ausbau des
Bolzens und der Buchsen auch das Feingewinde für den unteren
Abschlußstopfen beschädigt. Damit läßt sich dann
beim Einbau der Abschlußstopfen nicht mehr einbauen. Das Gewinde
ist nachzuschneiden (Bild 5). Damit kann der Stopfen wieder bis auf
Anschlag eingedreht werden. Der Stopfen legt die Position des
Achsschenkelbolzens fest. Geht der Abschlußstopfen nicht weit
genug hinein, dann sitzt der Bolzen in einer falschen Position!
Sind das obere Ende und das
Gewinde nachgearbeitet, dann sollten die Bohrungen im Achsschenkel und
im Schwingarm von Rost und anderem Dreck befreit werden. Das läßt
sich sehr gut mit einem Hohngerät machen. Geeignete Hohngeräte
gibt es für Bremszylinder.

Bild 5
Gewindebohrer M22x1
Nun sind die Buchsen in den
Achsschenkel einzutreiben. Zuerst ist die untere Buchse von oben her
einzutreiben. Wenn die richtige Position erreicht ist kommt die obere
Buchse dran. Beide Buchsen müssen an der Innenseite bündig
mit dem Achsschenkel sitzen.
Beim Zusammenbau muß
darauf geachtet werden, daß die Scheiben an der richtigen Stelle
und in der richtigen Reihenfolge eingesetzt werden (Bild 6). Die
Scheiben bilden ein Scharnier, auf dem sich der Achsschenkel dreht.
Die mittlere Scheibe hat Riefen um Fett aufnehmen zu können. Über
die 3 Scheiben kommt der Staubfangteller. Beim Zusammensetzen sind die
Scheiben gut einzufetten. 
Bild 6
Reihenfolge der Scheiben
Um den Achsschenkel mitsamt
den Scheiben auf dem Schwingarm in die richtige Position zu bringen
empfiehlt es sich, den Bolzen von unten einzusetzen und den
Achsschenkel mitsamt den Scheiben auf den Schwingarm zu schieben.
Sobald der Achsschenkel in Flucht mit dem Schwingarm steht, kann der
neue Achsschenkel eingepreßt werden. Achtung: Den Bolzen richtig
herum einsetzen; die beiden Schmierbohrungen auf unterschiedlicher Höhe
müssen am unteren Ende in der langen Buchse sitzen.
Baut die Teile bitte richtig
ein. Wurde der Bolzen vorher schon einmal gewechselt, dann wurde meist
irgendetwas falsch montiert. Manchmal wurde der Bolzen falsch herum
eingesetzt oder die Scheiben sind in der falschen Reihenfolge. Auch
falsche Scheiben habe ich schon gesehen. Damit läßt sich
der Achsschenkel dann leichter über den Schwingarm schieben. Das
entstehende Spiel macht aber später sowohl Achsschenkel als auch
Schwingarm kaputt. Der Staubfangteller muß als Schutz von oben über
den Scheiben sitzen, nicht von unten um allen Dreck einzufangen! Die
Krönung war bei 2 Fahrzeugen, daß die Scheiben über
dem Schwingarm saßen. Nun reibt der Achsschenkel direkt auf dem
Schwingarm und das Scharnier mit den gehärteten Scheiben läuft
leer auf der Oberseite. Damit sind dann Schwingarm und Achsschenkel
kaputt! Wurde das Gewinde nicht nachgeschnitten, dann läßt
sich der Abschlußstopfen nicht richtig einsetzen. Bei einem
Fahrzeug hatte hier ein Spezialist das Gewinde vom Stopfen
abgeschliffen, den Stopfen hineingedrückt!?!
Auch die obere Kappe muß
vernünftig gesichert werden, andernfalls schiebt sie sich heraus
und der Achsschenkelbolzen rutscht dann mit der Zeit nach oben heraus.
Der Bolzen fräst sich dann in die Antriebswelle hinein. Auch das
habe ich schon mehrfach erlebt.
Der Bolzen muß so weit
eingepreßt werden bis das obere Ende des Bolzens bündig mit
der oberen Buchse abschließt. Nun kann der untere Abschlußstopfen
eingesetzt werden. Die Schraube muß bis auf Anschlag
hineingedreht werden. Der Rand des Stopfens muß sauber auf der
gesamten Fläche anliegen, andernfalls ist der Bolzen nicht weit
genug drin. 
Bild 7
Kompletter Achsschenkel im Schnitt
Sitzen Bolzen und unterer
Abschlußstopfen richtig, dann muß die obere Kappe
eingetrieben werden. Die Kappe ist vorsichtig einzusetzen und mit
leichten Hammerschlägen soweit wie möglich nach unten zu
bringen. Sitzt die Kappe richtig, dann wird mit kräftigen Schlägen
in die Mitte der Wölbung geschlagen. Damit flacht sich die
Scheibe ab, der Durchmesser wird größer. Der Rand der Kappe
drückt sich in den Achsschenkel und dichtet das obere Ende ab.
Um die Kappe in dieser
Position festzuhalten, wird der Rand mit Körnerschlägen über
die Kappe gequetscht. Zum Abschluß muß die Dichtigkeit
geprüft werden. Der Achsschenkelbolzen muß abgeschmiert
werden. Das Fett sollte nur zwischen Achsschenkel und Schwingarm
austreten. Quillt das Fett an der oberen Kappe heraus, dann kann mit
zusätzlichen Körnerschlägen weiter abgedichtet werden.
Kommt am unteren Abschlußstopfen Fett heraus, dann muß die
Schraube fester angezogen werden.
Wenn kein Fett mehr austritt,
ist abschließend die untere Abschlußkappe durch Umbiegen
der Kappenränder über die Schrägen zu sichern.
Der Spurhebel ist mit genügend
Fett einzusetzen. Auch dessen Befestigungsschrauben sind gut
eingefettet einzuschrauben. Das Sicherungsblech nicht vergessen
umzuschlagen!
Nachdem die Antriebswelle
eingebaut, gut festgezogen und gesichert ist, können Rad und
Kotflügel wieder montiert werden. |